Unsere Kirche - Ein Rundgang

Die Apostel-Paulus-Kirche ist die erste von vier Berliner Kirchen, die der Königliche Baurat Franz Schwechten vollendete. Sie ist die einzige, die im Zweiten Weltkrieg relativ unbeschädigt und nach dem Krieg nicht grundlegend verändert wurde, sodass sie noch der Konzeption ihres Architekten entspricht.

Die Vorhalle

Der Rundgang beginnt am Haupteingang der Kirche durch den Hauptturm an der Grunewaldstraße. Vom Giebel über dem Portal her grüßt ein Engelkreuz. Das originale schmiedeeiserne Schutzgitter vor der verglasten Tür ist eine Arbeit des Berliner Königlichen Hauptkunstschlossers Paul Marcus. In der Vorhalle erinnern seit der Hundertjahrfeier zwei Schrifttafeln an die Grundsteinlegung 1892 und die Einweihung der Kirche 1894. Über den Steinteppich aus Mettlacher Fliesen mit Mosaikeinlagen, deren Formen im neuen schmiedeeisernen Leuchter aufgenommen werden, betritt man das Kirchenschiff. An der Wand innen rechts neben der Tür befindet sich eine Inschrift mit den wichtigsten Daten aus der über hundertjährigen Geschichte der Kirche, links neben der Tür steht das Triumphkreuz, das seinen Platz früher auf einer Holzsäule hinter dem als Retabel-Tisch konzipierten Altar hatte. Es ist als Lebensbaum gestaltet, vereinigt in sich also die Bedeutung von Karfreitag und Ostern. Die Taube, ein Symbol des Heiligen Geistes, senkte sich am alten Standort von oben her auf den Liturgen vor dem Altar und die im Schiff versammelte Gemeinde.

Rechts und links unterhalb der Orgelempore gehen zwei Räume ab, die als Versammlungsräume und als Kirchencafé dienen.

Kirchenschiff

Die Apostel-Paulus-Kirche ist eine der größten Kirchen in Berlin. Durch den flachen Chor und die geschwungenen Emporen wirkt sie aber kleiner und intimer als sie tatsächlich ist, da der Blick kreisförmig zum Betrachter zurückgelenkt wird. Zu beachten sind die feingliedrige Emporengestaltung, die schön skulptierten Sandsteinkapitelle, die Säulen aus poliertem Granit vom Lago Maggiore aufgesetzt sind, und die variierenden Muster der Schnitzereien an den originalen Kirchenbänken. An den Wänden ist eine Ausstellung zur Geschichte der Apostel-Paulus-Kirche zu sehen.

Der Altarraum wurde bei der Renovierung 1960/61 modern gestaltet, doch ist der neue Altar aus Teilen des alten, der Taufstein aus dem alten Kanzelfuß hergestellt worden. Den Taufstein ziert ein Band aus 14 Fischen. Der Fisch ist ein altchristliches Symbol für Jesus Christus, die Christen und die Taufe. Das Lektorenpult ist aus alten Kirchenbänken gearbeitet worden.


Die Wandbilder

Viele Berliner Kirchen waren früher mit Wandbildern geschmückt und vollständig ausgemalt, doch hat sich nur in wenigen die Ausmalung erhalten. In der Apostel-Paulus-Kirche stammt sie von den Charlottenburger Dekorationsmalern Gathemann & Kellner. Im Chorgewölbe erkennen wir in den Zwickeln über den Fenstern fünf symbolische Vögel: einen Hahn (Wachsamkeit), einen Pelikan, der seine Jungen mit dem eigenen Brustfleisch atzt (Nächstenliebe und Christus), eine Taube (Gegenwart des Heiligen Geistes), einen Pfau (Ewigkeit) und einen aus den Flammen aufsteigenden Phönix (Auferstehung).

Der Schlussstein zeigt in dreifachem Strahlenkranz das Auge Gottes. Am Triumphbogen, der Schiff und Chor trennt, ist links, in Zuordnung zur Kanzel, die Geburt Christi (Luk 2,1-14) dargestellt, denn das Wort Gottes wurde Fleisch in dem Kind von Bethlehem (Joh 1, 14) und wird immer wieder Fleisch in der sonntäglichen Predigt. An der gegenüberliegenden Wand findet sich in Zuordnung zum Taufstein eine Darstellung der Taufe Christi (Mark 1,9-13). In den Wandbildern verbindet sich auf interessante Weise der zeitgenössische Jugendstil mit Motiven aus der ottonischen Buchmalerei. An den Querschiffemporenwänden sind vier weitere Szenen aus dem Neuen Testament zu erkennen: links vom Altar der Einzug Jesu in Jerusalem (Matth 21,11), gegenüber die Berufung der ersten Jünger am See Genezareth (Luk 5,1-11).

 

 

Rechts vom Altar die Einsetzung des Abendmahls (Luk 22,23), gegenüber die im Krieg beschädigte Kreuztragung (Matth 16,20-22). Einmalig in Berlin ist der Engelchor auf der Orgelempore. Sieben der insgesamt zwölf singenden und musizierenden Engel stammen noch aus dem 19. Jahrhundert, fünf wurden 1960 von H. Siems neu gemalt. Zu beiden Seiten des linken mittleren Seitenschifffensters, des Reformationsfensters, wurden ebenfalls 1960 die beiden Reformatoren Calvin (links) und Zwingli (rechts) von H. Siems gemalt.

An der rechten Außenwand unterhalb der Empore wurden bei einer Renovierung Reste der ursprünglichen, sonst nicht erhaltenen Ausmalung der Kirche freigelegt: Ein Rankenornament im Gewölbezwickel und aus der Wandbemalung ein geflügelter Löwe. Nach der Erbauung war die Kirche zunächst in der jetzt wieder aufgetragenen grauen Farbe ausgemalt worden, später nach Austrocknung der Wände gelb grundiert und blau (bzw. grün im Triumphbogen) in Teppichmalerei übermalt worden, wobei die Löwen bzw. Stiere im Triumphbogen mit Hilfe von Schablonen ausgespart wurden.

Seit einigen Jahren beherbergt die Kirche als Leihgabe der Stiftung St. Matthäus im rechten Seitenschiff ein Tafelbild des Berliner Kirchenmalers Carl Gottfried Pfannschmidt (1819-1887). Es stellt Jesus mit Maria von Bethanien dar. (Luk 10,38)


Die Fenster

Als einzige Kirche in Berlin hat die Apostel-Paulus-Kirche Glasmalereien dieses Ausmaßes und dieser Qualität durch den Krieg hindurch gerettet, zwar nicht unbeschädigt, aber doch im Wesentlichen erhalten und restaurierungsfähig. Die beiden Querschifffenster sind Stiftungen von Gemeindegliedern: der „Millionenbäuerin“ Louise Bergemann und des Brauereidirektors Johannes Lehmann und seiner Frau. Sie wurden von der Franz Mayer'schen Hofkunstanstalt München
1895 und 1900 hergestellt, das rechte Fenster nach einem Entwurf von Professor Paul Mohn (1842-1911), Berlin.

Das Fenster über der linken Empore zeigt die Berufung von Saulus/Paulus zum Apostel Jesu Christi vor Damaskus (Apg 9,1-19). Dieses Fenster zeigt dramatische Bewegung, ein Stil, der nur sehr kurze Zeit bei der Gestaltung von Kirchenfenstern von der Mayer‘schen Hofkunstanstalt gegen Ende des 19. Jahrhunderts angewendet wurde. In den Dreipassfenstern darüber waren die christlichen Tugenden Hoffnung (mit Anker), Glaube (mit Bibel) und Liebe dargestellt. Der Liebe als der größten unter ihnen (1. Kor 13,13) war auch das größte Fenster in der Mitte oben vorbehalten. Aber die Liebe ist dem Krieg zum Opfer gefallen – ein symbolträchtiger Vorgang!

Das Fenster über der rechten Empore schildert den Höhepunkt und letzendliches Scheitern der missionarischen Tätigkeit des Apostels Paulus in Athen: die Rede auf dem Areopag vor den Philosophen (Apg 17, 16-34). In den Dreipassfenstern darüber war nur die Auferstehung unbeschädigt geblieben. Die Vertreibung aus dem Paradies (rechts) und die Kreuzigung sowie die Oberkörper der Figuren rechts hinter Paulus konnten im Jahr 2000 durch einen Nachlass der früheren Pfarrerin der Gemeinde, Renate Maria Heydenreich, restauriert werden.

 

Das Fenster im Langschiff links wurde zum 400. Jahrestag von Luthers Thesenanschlag am 31. Oktober 1917 von der Gemeinde in Auftrag gegeben und beim 25. Kirchweihjubiläum, am 29. Dezember 1919, eingeweiht. Es wurde nach dem Entwurf eines Gemeindeglieds, Prof. Richard Böhlands, von den Gottfried Heinersdorff’schen Werkstätten für Mosaik und Glasmalerei in Treptow gestaltet und ist das letzte in der Reihe der alten Fenster; das gegenüber liegende Fenster blieb leer. Deutlich ist der Stilunterschied zu den älteren Fenstern, obwohl nur zwei Jahrzehnte dazwischen liegen. Während jene noch in der Tradition der Nazarener stehen, hat sich hier der Einfluss von Rudolf Schäfer voll durchgesetzt. Unter den Zeugen des Thesenanschlags befinden sich die drei damals amtierenden Pfarrer Julius Rodatz, Johannes Rauchstein und Max Braun (von der Mitte nach rechts gesehen). Den Sockel für die Szene vom Thesenanschlag bildeten die Symbole der vier Evangelisten, doch wurde der Engel des Matthäus nach oben versetzt, um dort eine Lücke zu schließen. Schnabel und Flügel des johanneischen Adlers erfüllen den gleichen Zweck im Areopagfenster. Das Vierpassfenster oben zeigt die Lutherrose, Luthers von ihm selbst entworfenes Wappen, Konzentrat seiner von Paulus übernommenen Kreuzestheologie und Echtheitssiegel seiner Schriften. Das neue Chorfenster aus den Jahren 1960/61, entworfen von dem Schöneberger Künstler Alfred Kothe, gestaltet in der Werkstatt von August Wagner, Berlin, zeigt noch einmal die Berufung des Apostels Paulus vor Damaskus. Es lohnt sich, beide Fenster miteinander zu vergleichen. Die Formensprache differiert, die Aussagen stimmen überein.

Gestiftet hat das Fenster der Bevollmächtigte der EKiD bei der Bundesregierung, Prälat Dr. Dr. Hermann Kunst.


Die Orgel

Da die alte Sauer-Orgel durch Kriegseinwirkungen unbrauchbar geworden war, wurde 1964 von Firma C.F. Walcker & Co. in Ludwigsburg eine neue Orgel gebaut. Sie hat zum Pedal drei Manuale und 38 Register und wurde 1998 von der Fa. Schuke in Potsdam generalüberholt.

(R.M. Heydenreich und S. Suchan-Floß)

Fotos: Michael König (1, 2, 3, 4) - Norbert Meise (5, 7) - Dirk Bartsch (6)

360 Grad Panoramatour durch die Apostel-Paulus-Kirche online

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Zur virtuellen Tour

Porträt der Orgel in der Apostel-Paulus-Kirche

Kantor Thomas Noll präsentiert die Walcker-Orgel (III/38) von 1964. Er stellt das Rückpositiv der Orgel vor und spielt "Präambulum in d" von Heinrich Scheidemann.

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   Innenraum der Apostel-Paulus-Kirche

   Die Fenster der Apostel-Paulus-Kirche

"Himmlische Räume“ ist einen Initiative von Berliner Kirchenkulturmanager*innen.  Sie haben gemeinsame eine Übersichtswebsite über die große Vielfalt von Kirchen und anderen kirchlichen Gebäuden in Berlin erstellt, die für kulturelle Veranstaltungen und andere besondere Anlässe professionell vermietet werden. Auch die Apostel-Paulus-Kirche Schöneberg ist ein "Himmlischer Raum". Hier geht es zu dieser Website.